Seit zwei Jahren ist Alexandros Konstantinidis (32) der erste Vorstand des AStA (allgemeiner Studierendenausschuss) der Hochschule Worms. Nun gibt er sein Amt weiter. Eine gute Gelegenheit, sich einmal anzuschauen, was studentisches Engagement bedeutet – und wie es nicht nur das Hochschulleben, sondern auch das eigene Leben beeinflusst.
Abwechslungsreicher Alltag
Einen Tag ohne den AStA, das gibt es für Alexandros nicht. Wenn er morgens an die Hochschule kommt, weiß er oftmals nicht, was der Tag noch für ihn bereithält, denn als erster Vorstand des AStA ist er der zentrale Ansprechpartner für alle Anliegen, Probleme und Vorschläge. Er trägt die Verantwortung, wenn etwas nicht so funktioniert, wie es sollte und repräsentiert nach außen hin den AStA in allen Angelegenheiten. Unterstützung erhält er dabei durch den zweiten und den dritten Vorstand, sodass jeder seine Aufgabenbereiche und Referate hat, um die er sich kümmert. „Einen Tag, an dem man mal nicht über den AStA spricht, gibt es nicht. Man ist jeden Tag mal mehr, mal weniger damit beschäftigt“, sagt Alexandros. Selbst abends in der gemütlichen WG-Runde bleibt der AStA oft das Thema - nicht zuletzt, weil auch eine der Mitbewohnerinnen im AStA-Vorstand tätig ist.
Zu seinem Alltag gehört aber auch die Vorbereitung verschiedener Sitzungen, z.B. dem einmal im Monat stattfindenden Zusammentreffen mit der Hochschulleitung, bei dem studentische Anliegen und diejenigen der Hochschule miteinander in Einklang gebracht werden. Durch seine parallele Tätigkeit im Fachbereichsrat und im Senat kommen weitere Sitzungen hinzu. Außerdem organisiert der AStA viele Events und Angebote während des Semesters, um das Campusleben für die Studierenden vielfältig und lebendig zu gestalten. Alexandros Rezept, um dabei für die Studierenden das Bestmögliche herauszuholen: Das sehr positive Verhältnis zu Hochschulleitung. Dadurch lassen sich viele Angelegenheiten direkt und unkompliziert gemeinsam lösen, sodass alle Seiten profitieren. So konnten schon viele Neuerungen erreicht werden, wie z. B. der Wasserspender im A-Gebäude, oder die „VRN nextbikes“ auf dem Campus. Auch für persönliche Anliegen hat sich Alexandros eingesetzt, wie beispielsweise die einheitliche Rahmensatzung für alle Fachschaften, die ihm sehr am Herzen lag.
Von Null auf Hundert
Begonnen hat sein Engagement im vierten Semester, als er beschloss, in die Fachschaft seines Fachbereichs Informatik einzutreten. Im fünften Semester übernahm er dort den Posten des Vorsitzenden für neun Monate, bevor er sich im Dezember 2016 als dritter Vorstand in den AStA wählen ließ. Nur vier Monate später bekam er den Posten des ersten Vorstandes. Inzwischen ist Alexandros fest in seinem Tagesgeschäft angekommen, aber das war nicht immer so, denn sein Start als erster AStA-Vorstand war eine wahre Feuertaufe: Zum Zeitpunkt seiner Wahl war kaum etwas organisiert für die zwei Wochen später bevorstehende Erstsemesterbegrüßung – „Ich habe gefühlt 24h lang nur Gremienarbeit gemacht!“, sagt er über diese Zeit. Heute sei das alles nicht mehr ganz so stressig, da viel ausgearbeitet wurde. „Nach diesem Einstieg war man drin, aber das wollte man auch, man hat Spaß an der Sache gehabt.“ Dass Alexandros seinen Job gut macht, das zeigte auch seine Wiederwahl zum ersten Vorstand im vergangenen Mai 2018.
Was Gremienarbeit bedeutet
Egal wie viel Arbeit der Posten des ersten Vorstandes mit sich bringt, dass Alexandros Spaß daran hat, merkt man sofort, wenn er darüber spricht. Die Gründe für den Eintritt in die Informatikfachschaft und damit der Beginn seines Engagements waren ganz einfach: Am Anfang war er Pendler und bekam nicht wirklich viel vom Campusleben mit. Nachdem er im dritten Semester nach Worms gezogen war, entschied er sich, bei den nächsten Fachschaftswahlen anzutreten. Er wollte neue Kontakte knüpfen und mehr von den Hochschulaktivitäten erleben. Als Mitglied merkte er dann schnell, was Gremienarbeit wirklich bedeutet – und fand immer mehr Gefallen daran.
Bei der Arbeit im AStA sollte man auf jeden Fall Spaß an der Sache haben und dahinter stehen, findet Alexandros, denn natürlich ist das Ganze manchmal viel Arbeit, das möchte er nicht verschweigen. Für die Vorstandstätigkeit ist seines Erachtens nach am wichtigsten: Courage. Es kommt vor, dass er z. B. Professoren, die er selbst auch in seinen Vorlesungen hat, sagen muss, wenn Etwas schief läuft. Auch gegenüber Personen wie dem Hochschulpräsidenten muss man seine Meinung vertreten können. Raum für Persönliches ist da nicht: „Man muss das trennen. In dem Moment sitzt man nicht als Alex da, der bei einem Professor Vorlesung hat, sondern man sitzt als Vertreter da, und wenn etwas schief läuft, dann muss man das sagen.“ Die diplomatischen Fähigkeiten sollte man dabei aber natürlich nicht vergessen, schließlich geht es um Zusammenarbeit und Kompromissfindung. Hinzu kommt, dass er als Vorstand mit anderen Mitgliedern auch mal in Konflikt geraten kann, wenn diese sich nicht ihrer Position entsprechend verhalten. So etwas muss angesprochen und geklärt werden. Ein weiterer Aspekt ist die Kritik an den Entscheidungen und der eigenen Person. Als erster Vorstand steht Alexandros im Fadenkreuz sowohl für positive als auch negative Äußerungen. Wenn etwas nicht funktioniert, dann wird ihm das vorgeworfen, denn viele Leute kennen ihn nun mal als das Gesicht des AStAs. Da kann es schon einmal vorkommen, dass schlecht über ihn geredet wird. Über solch negativem Feedback müsse man darüberstehen, findet Alexandros. Wenn all das von Zeit zu Zeit anstrengend werden kann, so sieht er immer das Positive deutlich im Vordergrund: Die Möglichkeit, das Hochschulleben aktiv mitzugestalten, sich durch die Arbeit viele verschiedene Fähigkeiten anzueignen und das tolle Gefühl, wenn man nach einer gelungenen Veranstaltung die Begeisterung der Anderen mitbekommt und weiß, dass man selbst daran mitgewirkt hat – all das sind Gründe, die ihn für seine Position begeistern.
Der Blick über den Tellerrand
Für Alexandros gibt es keine Zweifel. Er würde denselben Weg wieder einschlagen – mit einem kleinen Unterschied: „Ich würde ab dem ersten Semester in ein Gremium eintreten.“ Die Bereicherung durch sein Engagement liegt auf der Hand: Der Anschluss und die Leute, die man kennenlernt, sind ebenso ein Faktor wie die Nähe zur Hochschule durch die direkte Integration in alle Abläufe. Persönlich nimmt er viel aus diesen Erfahrungen mit, denn seine Tätigkeiten haben ihn auf das Leben vorbereitet. Indem er an der Hochschule Verantwortungs- und Konfliktsituationen erproben konnte, fühlt er sich für das spätere Berufsleben gewappnet. Er habe Teamführung, Projektleitung und Personalmanagement näher kennengelernt. Natürlich seien es nicht immer nur schöne Erfahrungen, aber solche, mit denen man sich ohne Erfahrungswerte noch schwerer tun würde. „Es stärkt den Charakter, wenn man als Repräsentant auftritt und mit Leuten kommuniziert. Man bekommt Verantwortung und muss sich immer wieder mit Problemen und deren Lösungen auseinandersetzen“, fasst er zusammen. Dennoch ist er überzeugt, dass seine zweijährige Amtszeit genug ist. „Irgendwann ist es gut, loszulassen und frischer Wind tut dem AStA immer gut. Man fährt sich irgendwann in seinen eigenen Vorstellungen und Visionen fest.“ Mit seinem Abschied wünscht er dem AStA vor allem Zusammenhalt, denn der war nicht immer gegeben. Wenn alle an einem Strang zögen, erreiche man viel mehr, als durch Rivalitäten. Er hat Ende Juli seine Masterarbeit im Studiengang Mobile Computing abgegeben. Dann tritt er seinen ersten Job an und verlässt Worms. Es ist ein Beruf mit viel Kundenkontakt. „Ich habe gemerkt, dass ich sehr gern vor Leuten stehe und rede. Ich glaube, mein Wunschberuf wäre daher in Richtung IT-Consulting.“
Alexandros Beispiel zeigt, studentisches Engagement lohnt sich. Nicht nur, dass das Hochschulleben mitgestaltet werden kann, auch nach der Studienzeit profitiert man von den gemachten Erfahrungen, sowohl im Beruf als auch persönlich. Der Blick über den studentischen Tellerrand ist die zusätzliche Arbeit sicherlich wert.
Nachwuchssuche
Das Engagement der Studierenden für Fachschaften und AStA schwankt. Der AStA sucht ständig engagierten Nachwuchs, z.B. durch Auftritte bei der Erstsemesterbegrüßung, Meet & Greets, bei denen sich jedes Gremium einzeln vorstellt, der Vollversammlung und über Social Media. Auch die Professoren werben gelegentlich für studentisches Engagement und der Hochschulpräsident betont in seinen Reden oft die Bedeutung der Gremienarbeit. Die Vorstandsfindung gestaltet sich schwierig, denn viele scheuen die Verantwortung, die der erste Vorstand zu tragen hat. Hier wünscht sich Alexandros für die Zukunft tolle neue engagierte Studierende, die die Hochschule Worms weiter voran bringen möchten. Eine Arbeit die sich hundertfach lohnt!